Der Berliner Mietendeckel ist vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden

Berliner Mietendeckel darf NICHT angewendet werden – Was bedeutet das?

Das Bundesverfassungsgericht hat den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt – Viel Arbeit für alle Beteiligten folgt – Mieten nachfordern – Mietverträge anpassen. Kann Berlin einen neuen Anlauf nehmen?

Bundesverfassungsgericht erklärt den Mietendeckel für nichtig

Autor: Rechtsanwalt Sven R. Johns, MOSLER+PARTNERRECHTSANWÄLTE München/Berlin

Das Bundesverfassungsgericht hat den Beschluss veröffentlicht, mit dem das Gesetz über den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt worden ist. Das Land Berlin darf nicht in die Miethöhe gesetzlich eingreifen und die Mieten deckeln.

Das MietenWoG Bln ist mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig.

Viele Bundestagsabgeordnete hatten gegen das Gesetz und die Einführung des Berliner Mietendeckels geklagt. Sie haben sich dagegen gewehrt, dass ein Bundesland, in diesem Fall das Bundesland Berlin, in einem Gesetz einen Sachverhalt regelt, der nicht von den Bundesländern geregelt werden darf. Nach dem Grundgesetz ist die Gesetzgebungszuständigkeit zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Diese Ansicht hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Beschluss vom 25.03.2021 (Az.: 2 BvF 1/20, 2 BvL 5/20, 2 BvL 4/20) bestätigt.

Bundesländer dürfen Miethöhe nicht deckeln

Kurz gesagt gilt: Was der Bund regelt, darf nicht von einem Bundesland durch Gesetz abgeändert werden oder in diesen Sachverhalt eingegriffen werden.

So klingt dies beim BVerfG:

Der „Berliner Mietendeckel“ und die bundesgesetzliche Mietpreisbremse regeln im Wesentlichen denselben Gegenstand, nämlich den Schutz des Mieters vor überhöhten Mieten für ungebundenen Wohnraum.

Damit stellt das BVerfG klar, dass für eine gesetzliche Regelung durch ein Bundesland kein Raum ist, wenn – wie bei der Miethöhe – der Bundesgesetzgeber den Sachverhalt bereits durch Gesetz geregelt hat.

Da der Bundesgesetzgeber von seiner konkurrierenden Kompetenz jedenfalls im Hinblick auf die Festlegung der höchstzulässigen Miete bei ungebundenem Wohnraum abschließend Gebrauch gemacht hat, sind die Länder von Regelungen der Miethöhe in diesem Bereich ausgeschlossen (Art. 72 Abs. 1 GG). (Zitat BVerfG aus dem Beschluss vom 25.03.2021)

Die Miethöhe wird demnach abschließend durch Bundesgesetze geregelt und es gibt keinen Spielraum für die Länder, in diese Regelungen einzugreifen.

Dürfen die Länder einen neuen Anlauf nehmen?

Die Bundesländer können nach der aktuellen Gesetzeslage auch keinen neuen Anlauf nehmen. Dafür wäre eine Änderung entweder des BGB oder des Grundgesetzes erforderlich. Nur dann, wenn über eine Öffnungsklausel der Sachverhalt der Wohnungsmieten durch Ländergesetze geregelt werden dürfte, könnten die Bundesländer einen neuen Anlauf für einen Mietendeckel nehmen. Auf Basis der derzeitigen Gesetze dürfte ein solches Gesetz nicht erneut erlassen werden.

Schwierige Abarbeitung der Folgen des nichtigen Mietdeckels

Die Abarbeitung der Folgen des nichtigen Berliner Mietendeckels sind sehr kompliziert.

Neue Mietverträge

Alle Neuvermietungen, die seit dem Inkrafttreten des Berliner Mietendeckels erfolgt sind, standen unter dem Vorbehalt der Nichtigkeit der Regelungen zur Miethöhe in Berlin. Deshalb sind vielfach Mietverträge mit alternativen Regelungen abgeschlossen worden. Diese sehen entweder eine rückwirkende Erhöhung der Miete auf den eigentlich vereinbarten Mietzins vor oder sehen nun eine Nachzahlung von Mieten für den ersten Mietzeitraum vor.

Bestandsmietverträge

Das Gesetz über den Berliner Mietendeckel sah vor, dass Vermieter:innen die vereinbarten Mieten absenken sollten. Hierbei gab es drei unterschiedliche Zeitpunkte, zu denen Vermieter:innen zwischen April und Dezember 2020 tätig werden mussten/konnten). Diese Absenkung hätte in vielen Fällen bedeutet, dass Mieter:innen spätestens ab Dezember 2020 den Anspruch auf Zahlung einer niedrigeren Miete gehabt hätten. Wenn nun Vermieter:innen und Mieter:innen die Miete einvernehmlich auf diesen Betrag abgesenkt haben, ist die rechtliche Grundlage für die Senkung der Miete entfallen. Aus diesem Grund müssen nun alle Anpassungen rückgängig gemacht werden.

Auf Mieter:innen kommen deshalb Nachzahlungen zu, die nun geleistet werden müssen.

Abrechnung Mietenverwaltung und Sondereigentumsverwaltung

Die meiste Arbeit kommt auf die Hausverwaltungen zu, die im Rahmen der Abrechnung der Mietenverwaltung und der Sondereigentumsverwaltung nun diese Abrechnungen korrigieren müssen. Für jeden einzelnen Mieter:in und Vermieter :in ist der Aufwand, der durch die unzulässige gesetzliche Regelung des Berliner Abgeordnetenhauses entstanden ist, ärgerlich genug. Vor allem für Mieter:innen, die nun hohe Nachzahlungen leisten müssen, hat das Land Berlin für Mietenchaos gesorgt.

Bei den Hausverwaltungen, die die Abrechnung für hunderte von verwalteten Wohnungen abändern müssen, ist der Aufwand besonders deutlich.

  • Information der Mieter:innen über neue gesetzliche Lage
  • Mitteilung der nun wieder korrekt anzuwendenden Miete
  • Ermittlung des Mietrückstandes und Erstellung der neuen Mietrechnung
  • Vereinbarung über die Rückzahlung etwaiger aufgelaufener Mietenrückstände
  • Korrektur monatliche Mietenabrechnung in der Buchhaltung, Nachbuchung der einzelnen Mieten aus 2020 und 2021
  • Korrektur Jahresabrechnung für Eigentümer:innen als Schlussrechnung 2020
  • Außerkraftsetzen eines möglichen Nachtrages zum Mietvertrag
  • in einigen Fällen Abrechnung der hinterlegten Mietzahlungen auf Treuhandkonten mit Vermieter und Mieter
Ordnungswidrigkeiten

Da der Berliner Gesetzgeber zugleich ein Ordnungswidrigkeitenverfahren vorgesehen hat, bei dem Vermieter:innen, die den – jetzt für nichtig erklärten – Pflichten aus dem Mietendeckelgesetz mit einer Ordnungswidrigkeit belegt werden konnten und aufgrund von Anzeigen von Mietern:innen bei der Bußgeldbehörde solche Verfahren eingeleitet worden sind, fehlt diesen Verfahren nun die Rechtsgrundlage und diese sind einzustellen.

Zusätzlich wurden teilweise an Vermieter:innen, aber auch an Immobilienmakler:innen und Hausverwaltungen Briefe der Ordnungsbehörde verschickt, man habe ein überteuertes Mietangebot im internet angeboten. Auch diese Briefe sind nun hinfällig.

Vermietung Wohnen auf Zeit und möblierte Wohnungen

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kehrt der Berliner Wohnungsmarkt wieder zu dem Zustand zurück, der vor dem Erlass des Mietendeckelgesetzes gegolten hat. Das bedeutet, dass Wohnen auf Zeit und möblierte Wohnungen wieder zu den Mietzinssätzen angeboten werden können, wie dies vor dem Erlass des Gesetzes der Fall gewesen ist. Der Mietendekel hatte auch diese Vermietungen erfassen wollen, so dass insbesondere bei hochwertig ausgestatteten Wohnungen, die sich an die spezielle Klientel der zeitweilig in Berlin arbeitenden Menschen gerichtet hat, die Miete nach dem Berliner Mietspiegel Anwendung finden sollte. Auch diese Praxis ist für nichtig erklärt worden.

Mietenchaos

Das Mietenchaos in Berlin ist nun perfekt. Auch aus Sicht der Mieter:innen ist es nun sehr schwierig, einen Überblick über die rechtlich zulässige Miete zu erhalten. Alle Veröffentlichungen der vergangenen zwei Jahre, die den Berliner Mietendeckel bei der Ermittlung von anwendbaren Mieten in Mietverträgen berücksichtigt haben, sind hinfällig. Auch hier sind Hausverwaltungen, Vermieter:innen, Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften besonders gefordert, wenn es darum geht, die zulässig anwendbare Miete zu ermitteln.

Nachzahlungsverpflichtung

Eine weitere Schwierigkeit erwächst daraus, dass es für die Nachzahlung der aufgelaufenen Mietrückstände durch die Mieter:innen keine Frist gibt. Rein nach dem Wortlaut des Gesetzes befinden sich Mieter:innen, die eine nach dem Mietendeckel berechnete Miete an ihre Vermieter:innen bezahlt haben, möglicherweise mit mehr als zwei Monatsmieten in Verzug, so dass eine fristlose Kündigung drohen kann, wenn keine Vereinbarung über die Nachzahlung getroffen wird. Ein Zusammenwirken von Mieter:innen und Vermieter:innen ist deshalb sehr sinnvoll.

Den Wortlaut der Pressemittelung des Bundesverfassungsgerichts zum nichtigen Berliner Mietendeckel finden Sie hier (bitte klicken).

Dieser Beitrag wurde zwischen der ersten und dieser Fassung vom Autor aktualisiert.

Bei rechtlichen Fragen zu dem Thema wenden Sie sich bitte an die Kanzlei MOSLER+PARTNERRECHTSANWÄLTE, mit denen wir zusammenarbeiten und bei denen Sie eine Rechtsberatung zu dem Thema erhalten können. der Autor ist ebenfalls in der Kanzlei als Partner des Berliner Büros anzutreffen.