Sinkende Erwerbsnebenkosten beim Immobilienkauf?
Die Nebenkosten des Grundstücks- oder Immobilienkaufs betragen nach einer Faustformel etwa 12 % des Kaufpreises. Der Anteil der Provision daran sinkt deutlich. Die Grunderwerbsteuer macht den größten Anteil daran aus. Preise für selbst genutzte Wohnungen steigen um 9,5% – sagt die Statistik.
Erwerbsnebenkosten. Da war doch was? Vor allem ein Vorurteil: Die Maklerprovision ist der größte Teil der Erwerbsnebenkosten.
Faustformel Erwerbsnebenkosten?
Übrigens: Die Faustformel über die Erwerbsnebenkosten wird nicht mehr vom Anteil der Maklerprovision bestimmt, sondern vom Anteil der Grunderwerbsteuer. Bei einer angemessenen Grunderwerbsteuer der Bundesländer von 3 % könnte die Faustformel der Nebenkosten beim Immobilienerwerb auf etwa 7 % gesenkt werden. Das wäre ein wirklicher Gamechanger.
Die Erwerbsnebenkosten sinken – wirklich?
Die Erwerbsnebenkosten sind zuletzt gesunken. So sagt es die Statistik von Destatis. Im Zug der Veröffentlichung der Entwicklung der Preise für Einfamilienhäuser wird auch eine Zeitreihe über die Entwicklung der Erwerbsnebenkosten veröffentlicht. Der Wert ist von Q4-2020 mit einem Wert von 136 Prozentpunkten auf 127,2 Prozentpunkte in Q1-2021 (Basis 100=2015) gesunken.
Und das bei gleichbleibend hoher Grunderwerbssteuer und unveränderten Notargebühren.
Die einzige inhaltliche Aussage zu den Werten, die DESTATIS veröffentlicht, ist, dass Notargebühren, Grunderwerbsteuer und Maklergebühren in die Berechnung eingehen. Es wird jedoch nicht mitgeteilt, zu welchem Anteil diese einzelnen Positionen in die Berechnung eingehen.
Welcher Teil der Erwerbsnebenkosten sinkt?
Die gesunkenen Erwerbsnebenkosten stammen aus der Neuregelung der Maklerprovision, weil seit Ende Dezember 2020 das neue Maklerrecht gilt und damit eine hälftig geteilte Provision zwischen Verkäufer:innen und Käufer:innen bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen.
In einem Bundesland wie NRW bezahlen Käufer:innen eines Einfamilienhauses daher seit dem 23.12.2020 nur noch genauso viel Provision wie die Verkäufer:innen. Es hat sich eine hälftige Teilung von 3,57 % Provision von beiden Seiten herausgebildet. Gerade in NRW wird aus dieser hälftigen Teilung kein sehr großes Einsparpotential bei den Erwerbsnebenkosten für Immobilienkäufer:innen resultieren, weil dort schon immer die Teilung der Provision üblich war.
In Hamburg wurden vor der neuen Gesetzesregelung häufig 5,95 % Provision vom Käufer:in für die erfolgreiche Immobilienvermittlung an den Makler:in bezahlt. Nach der neuen Gesetzeslage hat sich dort ebenfalls eine Teilung der Provision bei 3,57 % brutto für beide Seiten herausgebildet. Hier spart demnach ein Immobilienkäufer:in einen Teil der früher angefallenen Erwerbsnebenkosten.
Wie hoch ist das Einsparpotential bei den Erwerbsnebenkosten?
Durch die Neuregelung der Maklerprovision können Käufer:innen einer Eigentumswohnung für 300.000,- EUR demnach etwa 2,4 % Brutto-Provision einsparen. Bei einer Eigentumswohnung zum Preis von 300.000,- EUR können dies etwas mehr als 7.000,- EUR eingesparte Provision sein.
Diese Rechnung klappt aber nur für einen Einzelfall und erklärt noch nicht die Ergebnisse von DESTATIS aus der Veröffentlichung der Werte für Erwerbsnebenkosten.
Warum die Erwerbsnebenkosten nicht deutlicher sinken
Dass die Erwerbsnebenkosten nicht deutlicher sinken – trotz der gesetzlichen Limitierung der Maklerprovision – liegt an den weiter steigenden Immobilienpreisen und der Berechnung der Grunderwerbsteuer und der Notargebühren anhand der Immobilienpreise.
Deutliche Preissteigerung bei selbst genutztem Wohneigentum
Der Preisindex für selbst genutztes Wohneigentum ist nämlich im gleichen Zeitraum von 119 ,7 Prozentpunkten auf 123,3 Prozentpunkte gestiegen. Die Preise von selbst genutzten Wohnungen sind nach Aussage von DESTATIS im Jahresvergleich sogar um 9,5 % gestiegen.
Die Grafik stammt aus der Veröffentlichung von DESTATIS (hier geht es zur Pressemitteilung von Destatis) und zeigt den Anstieg der Häuserpreise von Quartal zu Quartal.
Steigende Immobilienpreise = höhere Nebenkosten
Mit den steigenden Preisen für Immobilien steigen auch alle Erwerbsnebenkosten. Während der relative Anteil der Maklerprovision an den gesamten Erwerbsnebenkosten nun sinkt, steigt der relative Anteil der Grunderwerbsteuer deutlich an.
Leider veröffentlicht DESTATIS die Zusammensetzung des Indexwertes für die Erwerbsnebenkosten nicht.
Wie hoch ist der Anteil der Grunderwerbsteuer an den Erwerbsnebenkosten?
Um den Anteil der Grunderwerbsteuer an den Nebenkosten zu ermitteln, sind verschiedene Annahmen erforderlich. Unter der Annahme, dass die Grunderwerbsteuer zum einen gleich geblieben ist und zum anderen bundesweit im Schnitt bei 5,5 % liegen dürfte und unter der Annahme, dass der Anteil der Maklerprovision an den Erwerbsnebenkosten aufgrund der gesetzlichen Regelung auf maximal 3,57 % Brutto-Provision gesunken sein müsste, liegt der Anteil der Grunderwerbsteuer an den gesamten Erwerbsnebenkosten im ersten Halbjahr 2021 bei deutlich über 50 %.
Rechenbeispiel
Ein (potentielles) Rechenbeispiel aus dem ersten Halbjahr 2021 mit der auf 3,57 % gesunkenen Makler-Provision für Immobilienkäufer:
Grunderwerbsteuer | 5,5 | 54,08 | ||
Notargebühren | 0,8 | 7,87 | ||
Grundbuch | 0,3 | 2,95 | ||
Maklerprovision | 3,57 | 35,10 |
Es wäre sehr hilfreich, wenn DESTATIS die Zusammensetzung der in der Statistik errechneten Erwerbsnebenkosten, die sich aus den Zeitreihen zu den Erwerbsnebenkosten als Teilindex des Preisindex für das selbst genutzte Wohneigentum in GENESIS Online (61262-0003 bis 61262-0004) ergeben, veröffentlichen würde. Damit könnte eine fundierte Diskussion über den wahren Anteil einzelner Erwerbsnebenkosten an den gesamten Nebenkosten des Immobilienkaufs geführt werden.