Drei Fragen Marketingkosten Immobilienbüro

3 Fragen zu Marketingkosten in Immobilienbüros an Prof. Wölfle

Die Marketingkosten im Immobilienbüro machen einen erheblichen Teil der Aufwendungen in den Immobilienbüros aus. Es wird Zeit, dass sich Immobilienbüros intensiver mit der Einordnung dieser Kosten befassen. Das Interview mit Prof. Wölfle.

Wir haben mit Prof. Dr. Marco Wölfle, akademischer Leiter des Center for Real Estate Studies an der DIA in Freiburg gesprochen. Er vertritt und unterrichtet in mehreren Studiengängen, die sich mit Marketing, dessen Erfolg und auch den entsprechenden Kosten beschäftigen.

Frage: Herr Prof. Wölfle, die Marketingkosten in einem Immobilienbüro verstecken sich in vielen einzelnen Kostenpositionen. Wenn Immobilienfirmen eine Zusammenstellung der Marketingkosten zur Ableitung von Kennzahlen erstellen wollen, welche Kosten sollten darin enthalten sein? Sollten beispielsweise die Kosten des PKW, die natürlich als Fahrzeugkosten steuerlich an anderer Stelle erfasst und behandelt werden, wegen der großen Bedeutung der Mobilität im Maklerbüro für die Leistungserbringung bei Kunden auch in die Marketingkosten eingerechnet werden oder ist das ein No-Go?

Prof. Wölfle: Um gute Einschätzungen zu treffen, helfen im Leben manchmal ein paar Faustregeln. Eine erste Faustregel bei dem Thema ergibt sich aus einer kleinen Umbenennung: Wenn wir als Marketing nur die Kosten ansehen, die wir als Werbung oder Vertrieb bezeichnen, fällt es ganz leicht, sie von anderen Punkten zu unterscheiden. Denn Sie haben völlig Recht, dass ohne PKW ein Maklerunternehmen wohl kaum existieren kann. Derart fast schon unvermeidbare Ausgaben sind aber doch zahlreich. Ohne Kaffeemaschine, Schreibtisch, Smartphone usw. wird wohl kaum noch ein Geschäftsmodell funktionieren. Diese Kosten, die man vielleicht als Grundrauschen bezeichnen könnte, würde ich aber weniger als Werbung, denn als Verwaltungskosten sehen.

Werbung wird es m.E. dann, wenn ich bewusst mit dem Ziel vorgehe, Kunden zu halten oder zu gewinnen – sei es für die einzelne Immobilie oder um insgesamt meinem Unternehmen zu einer positiven Kundenwahrnehmung zu helfen. Leitfrage beim Einteilen – aber auch für die Erfolgskontrolle – kann doch ganz einfach sein: Glaube ich, zum Beispiel durch ein größeres oder neueres Auto, Kunden dazuzugewinnen oder zu halten? Und wenn ja, wie viele? Dann hat man auch eine Vorstellung, ob sich das lohnt. Denn man kann abschätzen, was die Kosten einem bringen werden.

Frage: Auch bei den marketingspezifischen Personalkosten werden sich viele Immobilienfirmen fragen, wie sie damit umgehen sollen. Wird z.B. ein Expose von einer Agentur erstellt, dann sind diese Kosten eindeutig den Marketingkosten zuzuordnen, weil es eine eigene Rechnung dafür gibt, die verbucht werden kann. Wie soll aber eine Firmeninhaberin, die die Exposees selbst erstellt, damit umgehen? Könnte eine fiktive Position an Personalkosten dort eingestellt werden? Beispielsweise: 10 Stunden Aufbereitung Expose mit Bildbearbeitung zu je 125,- EUR? Welche Empfehlung würden Sie hier geben?

Prof. Wölfle: Ich finde die Frage ein hervorragendes Beispiel. Dinge, die wir bezahlen müssen, fühlen sich für uns Menschen immer anders an als Dinge, die wir selbst erledigen. Das Gegenteil ist aber leider meist richtig. Wenn es marktüblich ist, einen Grafiker oder Texter für X € pro Stunde zu bezahlen (Durchschnittswerte reichen), dann ist es gerade richtig, wenn ich damit auch die Kosten meiner eigenen Arbeitszeit in diesen Aufgaben bewerte. Außer natürlich, dass ich den Eindruck habe, dass meine Zeit umsonst ist.

Wenn ich darf, vielleicht noch eine weitere Überlegung dazu: Selbst erstellen oder machen lassen, sollte doch nur noch danach entschieden werden, ob ein Dienstleister für mich Aufgaben besser oder schneller erledigen kann, damit ich in der freiwerdenden Zeit wertschöpfendere Aufgaben erledigen kann.

Frage: In den Immobilienbüros kommt auch immer wieder die Frage auf, welche Ausgaben sinnvoll sind. Dann wird schnell einmal ein Vertrag bei einem Softwareanbieter umgestellt, der im Jahr weniger als 1.000,- EUR gekostet hat und der neue Anbieter kostet „nur“ noch 600,- EUR im Jahr. Ist das vor dem Hintergrund sinnvoll, dass Ausgaben im Marketingbereich auch manchmal eher der Liebhaberei zuzuordnen sind? Wenn z.B. der eigene Tennis-Club gefördert wird und dafür auf der Webseite ein kleines Logo zu sehen ist. Oder die Kosten für die Mitgliedschaft im Golf-Club als „Marketing“ angesehen werden. Wie können die Immobilienfirmen auch einen Ansatz für die Beurteilung der Marketingkosten aufnehmen?

Prof. Wölfle: Jetzt müssen wir leider etwas kleinkarierter werden und dem Kostenunterschied der Software etwas entgegensetzen. Mein Rat wären zwei Dinge: Checkliste mit den Eigenschaften, die eine Software haben soll und erst DANACH ein Abgleich, was die beiden Softwarepakete leisten. Nur wenn dann eine Tendenz zu Software 2 besteht, dann in Schritt 2 sollte man dann noch ausgiebig testen und die Abläufe, die regelmäßig getan werden, mit beiden Softwares durchspielen. Stellen wir uns einmal vor, Sie benötigen für einen Arbeitslauf, z. B. die Eingabe neuer Adressdaten in einer Datenbank, bei der alten Software 1 min und bei der neuen Software 1 min 30 sek. Das fühlt sich im Alltag kaum merkbar an, rechnet sich aber über das Jahr ganz schön zusammen, wenn Sie viele Adressen aufgreifen. Solche Regelmäßigen Aufgaben und deren Zeitaufwand unterschätzen Menschen gerne. Nehmen Sie dann den Zeitunterschied mit dem oben schon angesprochenen Stundensatz zusammen und entscheiden Sie, ob die 400 € Fixkostenersparnis wirklich noch so günstig aussehen.

Zur Frage mit der Liebhaberei hilft eine pragmatische Überlegung: Ich würde mich fragen, ob ich Tennis oder Golf ausschließlich deswegen anfangen würde, um dort Kunden zu gewinnen. Ist die Antwort ja, sind dies eindeutige Marketing-Ausgaben. Im anderen Fall ist es natürlich trotzdem nett, meine persönlichen Vorlieben zu pflegen bzw. steuerlich zu partizipieren. Grundsätzlich würde ich nur ins Marketing rechnen, was mit dem Ziel der Kundengewinnung beginnt.

Frage: Aus wissenschaftlicher Sicht sind Kostenpositionen in einer BWA doch bestimmt mehr aus nur reine Ausgaben. Welche Tipps können Sie geben, wenn es um Ausgaben für das Marketing geht, daraus zusätzliche Erkenntnisse für das eigene Unternehmen zu erlangen oder wenn daraus neue Kennzahlen abgeleitet werden sollen.

Prof. Wölfle: Jetzt wird es leider akademisch: Eine BWA erfasst Zahlen, die auf den Jahresabschluss und damit auf die Maßgaben des Finanzamts zulaufen. Intern musste man in der BWL schon immer diese Kosten dann auch zuordnen (internes Rechnungswesen vs. externes Rechnungswesen). Das macht m.E. auch nicht der Steuerberater für den Unternehmer. Nur der Unternehmer kennt sein Geschäftsmodell und kann genau die Ursache von Kosten und die Strategie dahinter ermitteln. Jeder, der sein Geschäft versteht, sollte das aber auch locker hinbekommen.

Die wissenschaftliche Faustregel ist dann aber sehr einfach: Kosten haben ja immer ein Ziel und bei jeder Ausgabe sollte gegenübergestellt werden, was damit erreicht werden soll. Bei jedem Euro, den ich im Marketing ausgebe, muss ich doch die Hoffnung haben, dass ich mehr als einen Euro wieder bekomme, indem Umsatz folgt.

Hier zeigt sich aber ein Problem. Die Ausgabe des Euro heute ist eindeutig sicher. Der Umsatz, der morgen kommen könnte, ist noch nicht ganz sicher. Manche Werbemaßnahme wird ihr Ziel nicht erreichen und daher reicht es nicht, wenn so kalkuliert wird, dass die Ausgaben von heute gerade durch die erhofften Einnahmen morgen gedeckt sind. Die erwarteten Einnahmen müssen deutlich höher sein, um genau dieses unternehmerische Risiko abzusichern. In vielen Analysen und Vorabberechnungen wird leider dieser Effekt unterschätzt. Jeder Unternehmer braucht quasi einen Puffer.