Kommentar: Wir sollten Datenschutz gut finden
Zu Unrecht ist die öffentliche Stimmung zur DSGVO so schlecht. Klingelschilddebatte und andere stark dramatisierte Themen haben dazu beigetragen. Dabei betrifft Datenschutz alle und jeder findet den Schutz seiner Daten immens wichtig. Ein Kommentar von Sven R. Johns, Rechtsanwalt und externer Datenschutzbeauftragter.
- Ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten der DSGVO wird von vielen Seiten kein gutes Haar an den neuen Datenschutzregeln in Europa gelassen. Und das ist nicht nachvollziehbar.
In der DSGVO kommt ein Gedanke zum Ausdruck, der bahnbrechend und sehr weit vorausschauend ist: In der Kombination vieler einzelner Daten über eine Person kann ein Profil erstellt werden, aus dem Rückschlüsse möglich sind, die nicht jede betroffene Person erahnt und möchte. Deshalb wird der Schutz personenbezogener Daten auf viele einzelne Positionen ausgedehnt.
Schutz von Daten ist so wichtig
Den Schutz personenbezogener Daten finden alle gut!!!
Kreditkartendaten, Kontoverbindungen, Passwörter für angelegte Accounts, Paypal-Daten, Gesundheitsinformationen, Kontostände, Gehälter usw. Wer möchte schon, dass diese Daten öffentlich zugänglich sind? Der Schaden wäre groß, wenn diese Daten bekannt werden und Dritte Zugriff darauf hätten.
Wo soll die Grenze beim Datenschutz gezogen werden?
Und nun stellt sich die Frage, wo ist die Grenze beim Schutz der personenbezogenen Daten?
- Ist es zu viel verlangt, dass Gesundheitsdaten besonders geschützt werden sollen und erhöhten Sicherheitsstandards unterliegen?
- Ist es nicht richtig, dass Datenschutzverletzungen binnen 72 Stunden an die Aufsichtsbehörden gemeldet werden sollen, wenn Rechte der betroffenen Personen gefährdet sind?
- Sollte nicht vor Einführung einer neuen App oder der Installation einer Videoüberwachung ohnehin über die Auswirkungen auf die Rechte von betroffenen Personen gesprochen werden?
- Wenn Zahlungsdaten übermittelt werden, müssen diese gegen Diebstahl und Schädigung von Personen unbedingt geschützt werden
Es werden mehr als eins und eins zusammengezählt
Durch die Möglichkeit des Zusammenführens von Likes und Dislikes, von IP-Adressen und besuchten Webseiten, von Kontodaten und Bezahlvorgängen, von Angaben zur Gesundheit und Suchvorgängen im Internet über Suchmaschinen wird nicht mehr nur eins und eins zusammengezählt. Hier werden Profile, Interessen, Neigungen und für Kaufvorgänge wichtige Informationen zusammengeführt, die in direkter und personalisierter Werbung münden.
Wie sagte TIM COOK, der CEO von APPLE, gerade auf einer Veranstaltung der Europäischen Datenschutzbeauftragten? Die so erstellten und zusammengeführten Profile werden gehandelt und dafür wird Geld bezahlt. Sollte nicht jede einzelne Person das Recht haben, den Umfang dieser gehandelten Daten einschränken oder unterbinden zu können? Sollte nicht jede Person die Möglichkeit haben, dass sie die Hoheit über die von ihr zusammengeführten Daten behält?
Datenschutz neu denken
Vor diesem Hintergrund sollte Datenschutz neu gedacht und die Regeln der DSGVO akzeptiert werden. Jede Geschäftsführerin/Geschäftsführer/Vorstand eines Unternehmens findet Datenschutz extrem wichtig, wenn es um die eigenen personenbezogenen Daten geht. Dann sollte dieser Maßstab auch für den Umgang mit den personenbezogenen Daten von Dritten, Kunden, Verbrauchern gelten.
„Daten schützen“ ist ein extrem positiv belegter Begriff. Fragen Sie einmal in Ihrem persönlichen Umfeld, wie der Schutz von Daten ankommt.
Es ist an der Zeit, dass die Unternehmen eine positive Einstellung zum Datenschutz entwickeln.
Ein PS zur Kritik an der DSGVO
PS: An den kritikwürdigen Punkten der DSGVO muss natürlich trotzdem gearbeitet werden. Zu wenig Rechtssicherheit bei den Anforderungen an Unternehmen, zu wenige klare Anweisungen der Aufsichtsbehörden zur Handhabung, zu viel Stimmungsmache von interessierten Kreisen, wie z.B. die überflüssige Klingelschild-Debatte gezeigt hat. Bei dieser Debatte hat sich übrigens gezeigt, dass eine klare Aussage von den Aufsichtsbehörden Wunder wirken kann, wie nach der Pressemitteilung der Berliner Landesbeauftragten für den Datenschutz. Es wird besser werden.